Jim, unser Wetter-Guru muss mit Petrus einen besonderen Packt geschlossen haben! Das Bergwetter in Osttirol hätte für unseren Saisonhöhepunkt prächtiger nicht sein können. Die Lawinengefahr sank auf Warnstufe mäßig, nach den Neuschneefällen vor einer Woche, so dass alle geplanten Touren ohne Einschränkung möglich waren. Skitourenführer Sepp Lurz hatte ein glückliches Händchen mit dem Lucknerhaus, am Fuße des Großglockners, als Stützpunkt für die Unternehmung. Die Wirtsleut` und das Personal extrem zuvorkommend, die Küche hervorragend und die geräumige Sauna brachte eine wunderbare Entspannung nach den Touren. Auch die Lage, beim Blick aus dem Zimmerfenster auf den majestätischen Großglockner, wirkte fast schon postkartenmäßig!
Als Einstiegstour für Freitag, den Anreisetag, wählte Sepp den 2865 Meter hohen Weißen Knoten. Mit der Abfahrtsvariante Glorerhütte erreicht die Tour immerhin 1080 Höhenmeter bei einer Gesamtstreckenlänge von gut zehn Kilometern. Um neun Uhr brach man bei leichtem Frost und blauem Himmel direkt vom Lucknerhaus über eine Forststraße durch lichten Wald auf. Da sich die allmählich die Route in Richtung Süden drehte wurde es bald wärmer und es folgte eine 20-Minütige Tragepassage. Nach gut drei Stunden erreichte man über einen letzten Steilhang das Skidepot und in weiteren fünf Minuten das Gipfelkreuz. Beeindruckt von der Kulisse mit Glockner, Stüdlgrat und Romarisköpfe in Richtung Norden sowie der Schober-Gruppe gen Süden, genoss das Team nach einigen Gipfelfotos, die eine 77-jährige, allein aufgestiegene Skitourendame von uns machte, eine kleine Brotzeit. Nach kurzer Beratschlagung schlug Sepp vor in den Osthang in Richtung Leitertal einzufahren, was mit wunderbaren Pulverschneespuren belohnt wurde. Dadurch folgte natürlich nochmal ein Auffellen und gut einhundert Höhenmeter Anstieg zur Glorerhütte. Von dieser abwärts, unter den Hängen vom Kastenegg links haltend, erreichte man bei optimalen Firnbedingungen und nur eine Bachquerung, ohne Skitragen, nach etwas mehr als fünf Stunden das Lucknerhaus. Auf der Sonnenterrasse bestaunte man bei Kaffee, Kuchen und isotonischen Getränken die Bilder und Abfahrtsvideos der tollen Auftakttour und genoss das Panorama.
Die Krönung der Dreitagestour sollte die Besteigung des 3121 Meter hohen Bösen Weibele in der Schobergruppe werden. Hierzu mussten, wenn man die Variante Rückweg über Kastenegg/Glorerhütte wählt, gut 1400 Höhenmeter und knapp 14 Kilometer bewältigt werden.
Mit einem perfekten Frühstück gestärkt, brachen wir bei wiederum leichten Minusgraden und blauem Himmel auf dem Karrenweg, mit den Skiern am Rucksack, zur Nigglalm auf. Ab hier wanderten wir den Sommerweg aufwärts, immer hoch über dem Peischlachbach zu dessen Törl. Nach knapp eineinhalb Stunden konnten die Skier anschnallt und die erste kurze Steilstufe überwunden werden ehe wir, nach dem Törl, in Richtung Süden abbogen. Nun ging es mit Sicherheitsabständen durch eine landschaftlich wunderschöne Schlucht, die einer langen Halfpipe glich. An dessen Ausstieg baute sich jetzt mächtig das Böse Weibele vor uns auf. Der weitere Anstieg führte über leicht kopiertes, sanft ansteigendes, Bilderbuchgelände aufwärts. Das Gipfelkreuz zu Linken immer im Auge, musste nun der Berg auf die Südwestseite umgangen werden um die Querung über einer Steilstufe zu erreichen. Teils mit Harscheisen stiegen wir zum Skidepot und in wenigen Minuten über einen teils leicht ausgesetzten Grat zum Gipfelkreuz.
Mit leichter Gänsehaut, ergriffen von der Stimmung, schauten wir bei einer Wahnsinns Fernsicht in ein Hochgebirgspanorama das fast schon ein wenig Westalpencharakter hatte. Großglockner, Hocharn, Hochschober, Großvenediger, Hochgall, ja sogar der Ortler und die Drei Zinnen konnten in der weiten Ferne ausgemacht werden. Da wir alleine am Gipfelkreuz waren musste ein Selfi herhalten um dieses überwältigende Gipfelglück festzuhalten. Nach einer Brotzeit, am windstillen und sonnig warmen Skidepot, freuten wir uns schon auf die nun folgenden Pulverhänge, die noch wenig bis keine Abfahrtsspuren aufwiesen. Die Oberschenkel wurden mächtig warm von den vielen Schwüngen in unvergleichlich weißer Hochgebirgslandschaft und mit einigen Fotos und Videos hielt man diese Augenblicke für die Archive fest. Nach einer kurzen Beratung über die weitere Abfahrtsvariante entschied sich die Truppe, die Ski-Tragepassage durch einen nochmaligen 200 Höhenmeter Anstieg über das Kastenegg, Richtung Glorerhütte in Kauf zu nehmen und die durchgehende Firnabfahrt, wie am Freitag zu genießen. Das bedeutete nochmals anstrengende Spurarbeit im durchfeuchteten Schnee und eine leicht steinige Seitrutschpassage über einen Steilhang, Richtung Wiener Höhenweg. Alle waren froh und glücklich, nach der nochmals gelungenen Firnabfahrt, nach acht Stunden Anstrengung, endlich das Lucknerhaus zu sehen. Am Abend wurde dieses grandiose Bergabenteuer gebührend gefeiert.
Sepp´s Tourenplanung sah für den Sonntag eine kürzere Tour mit Hütteneinkehr vor. Hierzu bot sich die Stüdlhütte mit 880 Höhenmeter Aufstieg und Gesamtstreckenlänge von knapp zehn Kilometer hervorragend an. Das Wetter beim Start war prächtig jedoch verkündete der Wetterbericht 60-65 Stundenkilometer für den oberen Bereich der Tour. Bereits vom Lucknerhaus konnte man die Schneefahnen am Großglockner und Stüdlgrat erkennen. Dieses Panorama begleitet einen während des gesamten Aufstiegs durch das Ködnitztal und macht Tour landschaftlich sehr reizvoll. Wir ließen es heute gemütlich angehen und hatten nur die letzten einhundert Höhenmeter im Steilhang zur Hütte zu kämpfen. Durch den strammen Wind war die Piste ziemlich hart und die meisten zogen die Harscheisen auf. Nach drei Stunden freuten wir uns auf eine warme Suppe vom sehr freundlichen Hüttenpersonal. Die Abfahrt ließ heute im oberen Bereich zu Wünschen übrig. Durch die von Wind pickelhart gefrorene und unruhige Piste rüttelte Beine und Körper extrem durch und wir waren froh, als im unteren Bereich der Tour endlich der Ziehweg auftauchte. Entspannt ließen wir den letzten Kilometer die Skier zum Parkplatz des Lucknerhauses laufen. Beim Umziehen und Material in den Autos verstauen ließ man die Touren der vergangenen Tage nochmal Revue passieren. Die Teilnehmer bedankten sich beim Tourenführer Sepp, verabschiedeten sich und traten die Heimreise an.
Wir verabschieden uns, nach einer Rekordsaison, auch in die Sommerpause. 17 Skitourentage haben Franz und Sepp geführt. Die „nimma an Silvester-Skitour“ zum Niederjochkogel hatte auch 17 Teilnehmer. Es waren einige Mehrtagestouren dabei mit einigen Ski-Dreitausendern und den Highlights Sesvenahütte und Lucknerhaus. Und vor allem verletzungsfrei, bis auf einen Hütten-Stolperer (Gute Besserung Maria 😉).